Anfänge der Tierschutzbewegung in Deutschland

"In den Anfängen des Tierschutzes ging es vor allem um Arbeitstiere"

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Pfarrer Christian Adam Dann - der erste Tierschützer?

Natürlich lässt es sich nicht eindeutig belegen, wer Anfang des 19.Jahrhunderts zuerst aktiv für den Schutz von Tieren in Deutschland eintrat.

Auch gibt die Literatur keinen Hinweis darauf, ob es Reisende aus England oder Zeitungsmeldungen über die aufkommenden Tierschutz-Aktivitäten in England  waren, die den Anstoß dafür gaben oder die Tierschutzbewegung unabhängig von englischen Einflüssen entstand.

Einer der ersten "deutschen Tierschützer" dürfte auf jeden Fall der evangelische Pfarrer Christian Adam Dann gewesen sein. Er veröffentlichte bereits 1822 sein erstes Buch, in dem es um Tierschutz geht, mit dem Titel 

Bitte der armen Thiere, der unvernünftigen Geschöpfe, an ihre vernünftigen Mitgeschöpfe und Herrn die Menschen".

In dem Buch prangert „er nicht nur die sinnlose Quälerei von Haus-, Nutz- und Wildtieren sowie die Vernachlässigung und Misshandlung des Viehs, sondern auch Tierversuche und das Ausplündern der Natur durch Eierdiebstahl und Vogelfang" an (Christian Adam Dann, Wikipedia), .

Zehn Jahre später folgte sein zweites Tierschutzbuch mit dem Titel 

Nothgedrungener, durch viele Beispiele beleuchteter Aufruf an alle Menschen von Nachdenken und Gefühl zu gemeinschaftlicher Beherzigung und Linderung der unsäglichen Leiden der in unserer Umgebung lebenden Thiere".

Der erste deutsche Tierschutzverein entsteht 1837 in Stuttgart

Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass der 1758 in Tübingen geborene Pfarrer Dann der Urvater des deutschen Tierschutzes ist.

Dagegen scheint Sicherheit dahingehend zu bestehen, dass er den Anstoß zur Gründung des ersten deutschen Tierschutzvereins in Stuttgart gab. Dieser wird 1837 durch seinen Freund, den evangelischen Pfarrer Albert Knapp, wenige Monate nach Danns Tod  ins Leben gerufen.

Knapp belässt es nicht dabei: er ruft noch im gleichen Jahr in einer Beilage zum Schwäbischen Merkur „zur Gründung weiterer örtlicher Tierschutzvereine auf, auch über die Grenzen von Württemberg hinaus", wie Andrea Kittel anlässlich des Welt-Tierschutztages am 4.10.2020 berichtet.

Der Verein erzielt schnell erste Erfolge:

  • 1839 verabschiedet der Württembergische Landtag einen Artikel im Polizei-Strafgesetz, der „rohe Misshandlung von Tieren" unter Strafe stellt
  • Und ab 1840 finden in allen Schulklassen des Königreichs Belehrungen zum Thema Tierschutz statt.

Trotz der Erfolge besteht der Verein nur wenige Jahre.

Der Nachfolgeverein - der „Württembergische Tierschutzverein“ - nimmt 1862 seine Tätigkeit in Stuttgart auf. Bereits ein Jahr nach der Gründung verzeichnet er über 2000 Mitglieder innerhalb der Landesgrenzen. In der Vereinsführung wirken neben Theologen auch hohe Regierungsbeamte,  Rechtsanwälte und Lehrer mit.

Die hochinteressante Geschichte dieses Vereins über die folgenden Jahrzehnte bis ins 21.Jahrhundert  kann man auf der Website des Tierschutzverein Stuttgart e.V. nachlesen.

Die ersten deutschen Tierschutzvereine (Überblick)

Der Aufruf von Pfarrer Knapp scheint Erfolg gehabt zu haben. Innerhalb der nächsten Jahre werden deutschlandweit weitere Tierschutzvereine in den Städten

•    Dresden und Nürnberg (1839)
•    Berlin, Frankfurt und Hamburg (1841)
•    München (1842) und
•    Hannover (1844).

gegründet (1).

Die Anzahl deutscher Tierschutzvereine nimmt in den nächsten Jahrzehnten stark zu. Rund 30 Jahre nach der Erstgründung in Stuttgart gibt es bereits 44 Vereine, mehr als in jedem anderen europäischen Land.

Zum Vergleich: In England, wo die Tierschutzbewegung wesentlich früher begann, sind es zu diesem Zeitpunkt 33 Vereine (2).

Einzelne Vereine scheinen auch schnell Mitglieder für sich gewonnen zu haben. So wird berichtet, dass der Münchner Tierschutzverein nur ein Jahr nach seiner Gründung bereits schon mehr als 3.000 Mitgliedern hatte.

In Deutschland aktive Tierschutzvereine und Tierschutzheime schliessen sich 1881 zum „Deutschen Tierschutzbund" zusammen. Er umfasst heute rund 740 örtliche Tierschutzvereine und vertritt nach eigener Aussage die Interessen von 800.000 Tierschützer(innen).

(1)  Andrew Linzey (Ed.), The Global Guide to Animal Protection, Section 1, Histories and global perspectives, chapter: European Animal Protection (Kindle edition)

(2) Traïni, Christophe, The Animal Rights Struggle, Chapter 1, A long and complex struggle, Seite 12, 

Initiator(inn)en der deutschen Tierschutzbewegung

Wenn man sich heutzutage Tierschutzvereine anschaut, spielen Frauen in ihnen im allgemeinen eine bedeutende, teils dominierende Rolle. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Verein PLUTO Protectora Animales.

In den Anfängen der deutschen Tierschutzbewegung scheint die Initiative meistens von Männern ausgegangen zu sein. Ihre Berufe, soweit bekannt, sind in Klammern gesetzt.

  • Albert Knapp (Pfarrer) - Stuttgart 1837
  • Heinrich Baron von Ehrenstein (Legationsrat) - Dresden 1839 (3)
  • Daumer (Professor) und Dr.Rose - Nürnberg 1839 (4)
  • C. J. Gerlach, (Preußischer Beamter) - Berlin 1841
  • Dr. Ignaz Perner (Jurist, Rechtsanwalt und Hofrat) - München 1842
  • Hermann Wilhelm Bödeker (Pastor) - Hannover 1842.

Die einzige Ausnahme unter dieser Männerriege ist die 20-jährige Amanda Odemann, die 1841 zur Gründung eines Tierschutzvereins in Hamburg aufruft.

(3) Organ des Vereins gegen Misshandlung der Thiere im Erzherzogthume Oesterreich ob der Cums und im Herzogthume Salzburg,  Nr.4, 1859,  S.59)

(4) Der Thierfreund, Zeltblätter des Wiener Thierschutz-Central-Vereins für Menschenveredlung und Thierschutz, Nr.8,  August 1857,  S.67