Tierschutz auf Gran Canaria Ende des 19.Jahrhunderts

Die Behandlung von Nutztieren war für viele Besucher der Insel abstoßend.

Stadtpanorama - Las Palmas auf Gran Canaria

Las Palmas de Gran Canaria
Bild von gemat18 auf Pixabay

Schlimme Zustände schrecken Touristen ab

In den letzten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts zog Las Palmas wegen seines angenehmen Klimas zunehmend Touristen aus England an. Es war allerdings damals keinen Massentourismus wie heute, denn dazu war die touristische Infrastruktur der Insel zu schlecht.

Die Besucher aus England hatten mit einer Vielzahl von Unannehmlichkeiten zu kämpfen, mit denen sie sich dennoch irgendwie abfanden.

Was die englischen Touristen aber absolut nicht tolerieren konnten, waren die abscheulichen Szenen der Misshandlung von Nutztieren wie Pferden, Eseln und Maultieren.

Die Misshandlungen traten so häufig auf, dass viele Besucher von Gran Canaria sich entschieden, ihre Hotelanlagen nicht mehr zu verlassen.

Aufgrund der schlimmen Situation in Sachen Umgang mit Nutztieren wiesen damals praktisch alle Reisebücher darauf hin, wie grausam man auf den Kanarischen Inseln mit Tieren umgehe

Ein englischer Philanthrop fördert die Gründung des ersten Tierschutzvereins

Um diese Missstände zu bekämpfen, wurde 1896 auf Initiative des Briten Alfred Lewis Jones und in enger Zusammenarbeit mit vor Ort ansässigen Engländern und Spaniern eine Tierschutzorganisation gegründet.

Alfred Lewis Jones, ein ehemaliger Reeder und damalige Manager einer britischen Schifffahrtslinie, war auch derjenige, der den Verein finanziell auf die Beine stellte:

  1. Er bot Tierbesitzern großzügige Spenden an, wenn sie ihre Tiere gut behandelten.
  2. Zudem stellte er Bürgern Belohnungen in Aussicht, die Tiermisshandlungen anzeigten

Der Verein hatte seinen Sitz in einem Nebenraum des Amtssitzes des britischen Vizekonsuls.

Der großzügige Mäzen Alfred Lewis Jones wurde übrigens 1901 vom König Edward VII geadelt; allerdings nicht als Finanzier des Tierschutzes auf Gran Canaria, sondern aufgrund seiner Verdienste um die Westafrikanischen Kolonien und Jamaika.

In Las Palmas gedenkt man seiner bis heute durch die Calle Alfredo L.Jones, die in unmittelbarer Nähe des Strandes liegt.

Der Verein ergreift erfolgreiche Maßnahmen gegen Tiermisshandlungen

Nachdem man sich zunächst der Unterstützung der örtlichen Behörden versichert hatte, entschied man sich in einem ersten Schritt, alle Tierhalter im öffentlichen Dienst anzusprechen.

Man wollte diese dazu veranlassen, ihre Mitarbeiter anzuweisen, Misshandlungen von Pferden zu unterlassen, die in ihrer Obhut waren.

Danach ging man gegen Tierhalter vor, die Zugtiere auch dann weiter für Fuhrwerke nutzten, wenn diese bereits körperlich dazu nicht mehr in der Lage waren.

Auch kämpfte man gegen ein ständig auftretendes Tierschutzproblem: Kutschen mit zu vielen Passagieren.

Personen, die ihre Tiere schlecht behandelten, mussten nicht nur Strafen zahlen, sondern fanden auch ihre Namen in örtlichen Zeitungen wieder.

Die Aktionen des Vereins zeigten bald Wirkung in der Bevölkerung. In nur 2 Monaten wurden 46 Anzeigen aufgenommen, davon:

  • 24 wegen der Nutzung von nicht mehr einsatzfähigen Pferden
  • 11 wegen Tieren voller Wunden
  • 10 wegen Misshandlung von Tieren.

Aber nach nur 11 Jahren löst sich der Verein wieder auf

Trotz anfänglicher Erfolge waren die Aktivitäten des Vereins nach einiger Zeit rückläufig.

Er wurde schließlich 1907 nach Aussage einer von Anfang an Beteiligten wegen fehlender Kooperation durch die Bevölkerung und die Behörden aufgelöst.

Eine Erklärung für die abnehmende Bereitschaft der Bevölkerung zu kooperieren, könnte gewesen sein, dass ein Zeuge in einem Fall von Tiermisshandlung erstochen wurde.

Zum Abschluss ein vielsagendes Zitat

Die britische Reiseschriftstellerin Margaret D`Este, die sich 1907/08 in Las Palmas aufhielt, wird 1909 zur Einstellung der Einheimischen zum Tierschutz wie folgt zitiert:

"Es ist schwer, in den Spaniern eine positive Haltung gegenüber Tieren zu erwecken ...
und wenn ihnen ein Engländer dies vorwirft, antworten sie,
dass auf jeden Fall auf ihrer Insel nicht die Notwendigkeit bestanden habe, 
einen Verein zum Schutz von Kindern zu gründen,
wie es in unserem Land der Fall gewesen sei".

Quelle:

Isabel Gonzales Cruz, La Sociededad de Protectora Animales, Una iniciative inglesa contra la crueldad isleña, Vegueta, Numero 2, 1995 - 1996, (73 - 79)